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Berliner Räumung – Vollstreckung nach dem Berliner Modell – Beschränkter Vollstreckungsauftrag

Jedem Vermieter von Wohnraum ist das Problem bekannt. Nach einem mehr oder weniger langen Prozess gegen den Mieter, welchem aufgrund von Hausfriedensstörungen oder Zahlungsverzug gekündigt wurde, hat man endlich ein Urteil in der Hand.

Der Mieter zieht aber leider auch dann nicht freiwillig aus, sodass Zwangsvollstreckungsmaßnahmen erforderlich werden. Klassischer Weg ist dann die Beauftragung des Gerichtsvollziehers, welcher die Räumung mit Hilfe einer Spedition vornehmen soll. Wenn dann ein Gerichtskostenvorschuss von diesem angefordert wird ist allerdings der Ärger oft groß. Regelmäßig wird hier ein Betrag von mehreren tausend Euro angefordert. Das muss nicht zwingend so sein.

Will man dies vermeiden bietet sich vielmehr alternativ als Lösung ein beschränkter Vollstreckungsauftrag gemäß § 885a ZPO an.

Ursprünglich von Berliner Instanzgerichten, später auch vom Bundesgerichtshof wurde die Zulässigkeit einer Vollstreckungsvariante bestätigt, bei welcher der Vermieter an sämtlichen Gegenständen in der zu räumenden Wohnung das Vermieterpfandrecht erklärt und den Gerichtsvollzieher mit nichts anderem als der Übertragung des Besitzes an der Wohnung (durch Schlossaustausch) beauftragt. Die so genannte Berliner Räumung bzw. die Vollstreckung nach dem Berliner Modell.

Seit dem Jahr 2013 und den Änderungen im Rahmen des Mietrechtsänderungsgesetzes (MietRÄndG) gibt es in Form des § 885a ZPO auch eine gesetzliche Grundlage hierfür.

In der Gesetzesbegründung heißt es dabei u.a., dass diese Vorschrift „die in der Praxis entwickelte sogenannte Berliner Räumung auf eine gesetzliche Grundlage“ stelle (BT-Drucksache 17/10485, Seite 15). Ferner heißt es dann, dass „abweichend von der Konstruktion der Berliner Räumung“ die vereinfachte Räumung nicht voraussetze, „dass der Gläubiger sein Vermieterpfandrecht an den in die Räume eingebrachten Gegenständen des Schuldners ausübt“ (BT-Drucksache 17/10485, Seite 31).

Durch den Gesetzgeber wurde durch die am 1. Mai 2013 in Kraft getretene Bestimmung des § 885a ZPO das schon zuvor in der Rechtsprechung anerkannte „Berliner Modell“ zur Räumungsvollstreckung (vgl. BGH, Beschluss vom 17. November 2005 – I ZB 45/05, NJW 2006, 848 Rn. 8 ff.; Beschluss vom 16. Juli 2009 – I ZB 80/05, NJW-RR 2009, 1384 Rn. 8 ff.) gesetzlich näher geregelt (vgl. Regierungsentwurf eines Mietrechtsänderungsgesetzes, BT-Drucks. 17/10485, S. 15, 31).

Nach § 885a Abs. 1, § 885 Abs. 1 ZPO kann der Vollstreckungsauftrag des Gläubigers darauf beschränkt werden, den Schuldner aus dem Besitz zu setzen und den Gläubiger in den Besitz einzuweisen.

Durch das Mietrechtsänderungsgesetz vom 11.03.2013 hat der Gesetzgeber dem Vermieter als Vollstreckungsgläubiger damit die Möglichkeit eröffnet, den Vollstreckungsauftrag unabhängig von der Geltendmachung eines Vermieterpfandrechts auf die Herausgabe der Räume zu beschränken (§ 885a Abs. 1 ZPO).

Durch die fehlende Anweisung an den Gerichtsvollzieher zur Räumung des Wohnungsinventars entstehen keine Kosten für eine Spedition. Die für den Schlossaustausch anfallenden Kosten (durch Beauftragung eines Schlüsseldienstes) sind vergleichsweise gering und bewegen sich erfahrungsgemäß im unteren dreistelligen Bereich.

Auf diese Weise ist eine ganz erhebliche Kosteneinsparung möglich.

Im Rahmen der Vollstreckungshandlung hat der Gerichtsvollzieher im Vollstreckungsprotokoll die frei ersichtlichen beweglichen Sachen zu dokumentieren, die er bei Vornahme der Vollstreckungshandlung vorfindet (§ 885a Abs. 2 ZPO). Eine Dokumentation ist auch durch Bildaufnahme möglich (§ 885a ZPO Abs. 2 S. 2 ZPO). Dies soll als Beweissicherung über den Bestand und Zustand der Sachen dienen. Die Feststellung soll hierbei einen zuverlässigen Überblick über den vorhandenen wesentlichen Bestand und Zustand der Sachen bieten, nicht aber eine vollständige Inventarisierung darstellen.

Dem Vermieter wird ferner gestattet, bewegliche Sachen, die nicht Gegenstand der – beschränkten – Zwangsvollstreckung sind, wegzuschaffen und andernorts zu verwahren (§ 885a Abs. 3 Satz 1 ZPO) sowie solche, an deren Aufbewahrung offensichtlich kein Interesse besteht, zu vernichten (§ 885a Abs. 3 Satz 2 ZPO).

Auch ist eine Haftungsminderung zugunsten des Vermieters vorgesehen, der hinsichtlich seiner Maßnahmen bei Wegschaffung, Verwahrung und Vernichtung von beweglichen Sachen des Schuldners nur Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit zu vertreten hat (§ 885a Abs. 3 Satz 3 ZPO). Dies gründet auf den Rechtsgedanken des § 300 BGB, der eine Haftungsminderung für den Fall vorsieht, dass die Erfüllung eines Schuldverhältnisses dadurch verzögert wird, dass derjenige, dem die Leistung geschuldet wird, seinen erforderlichen Mitwirkungspflichten nicht nachkommt. Die Haftung des Vermieters für die Verletzung anderer Pflichten – insbesondere auch bei der Verwertung von Schuldnersachen – bleibt dagegen unvermindert.

Die Verwertung findet, sofern der Schuldner seine Sachen nicht binnen eines Monats nach Einweisung des Gläubigers in den Besitz von diesem gefordert hat, unter entsprechender Anwendung der Vorschriften des BGB über Hinterlegung, Versteigerung und Verkauf statt (§ 885a Abs. 4 ZPO).

Zu hinterlegen sind hierbei Geld, Wertpapiere und sonstige Urkunden sowie Kostbarkeiten (§§ 372-380, 382 BGB). Zu versteigern sind nicht hinterlegungsfähige Sachen (§ 383 BGB). Sachen, die einen Börsen- oder Marktpreis haben, können durch Verkauf aus freier Hand veräußert werden (§ 385 BGB). Unpfändbare und solche Sachen, bei denen ein Verwertungserlös nicht zu erwarten ist, sind auf Verlangen des Schuldners jederzeit herauszugeben (§ 885a Abs. 5 ZPO).

Die Vorschriften über das Vermieterpfandrecht (§ 562 BGB) bleiben durch die neuen Bestimmungen über die Beschränkung des Vollstreckungsauftrages (§ 885a ZPO) unberührt: Macht der Gläubiger sein Vermieterpfandrecht im Hinblick auf bewegliche Sachen in der Wohnung des Schuldners geltend, kann er bezüglich der Verwahrung und des Verkaufs dieser Sachen unverändert nach den Vorschriften über das Pfandrecht an beweglichen Sachen (§§ 1204 ff.; 1257 BGB) vorgehen.

Der Schuldner ist dadurch geschützt, dass er die in seinem Eigentum stehenden Gegenstände vor Durchführung der – für ihn nicht überraschend vorgenommenen – Herausgabevollstreckung aus den noch in seinem Besitz befindlichen Räumen entfernen kann (BGH, NJW-RR 2009, 1384 Rn. 10; Lehmann-Richter in Schmidt-Futterer § 885a ZPO Rn. 2).

Eine Entfernung von persönlichen Gegenständen ist auch im Zusammenhang mit der Durchführung der Räumung nicht ausgeschlossen.

Die Beschränkung des Vollstreckungsauftrags des Gläubigers auf die Herausgabe der Räume hat lediglich zur Folge, dass der Gerichtsvollzieher von der Entfernung der nicht der Zwangsvollstreckung unterliegenden Sachen gemäß § 885 Abs. 2 und 3 ZPO abzusehen hat. Sie berechtigt ihn dagegen nicht, den Schuldner daran zu hindern, Sachen aus den Räumen zu entfernen, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung sind (BGH, Beschluss vom 10. August 2006 – I ZB 135/05, NJW 2006, 3273 Rn. 13).

Nach § 885a Abs. 7 ZPO gelten die Kosten, die dem Gläubiger durch die Wegschaffung, Verwahrung, Vernichtung oder Verwertung der Sachen des Schuldners gemäß § 885a Abs. 3 und 4 ZPO entstehen, als Kosten der Zwangsvollstreckung.

Im Ergebnis beinhaltet die Vollstreckung nach § 885a ZPO einen deutlichen Vorteil bei den Räumungskosten.

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